Das Mühlviertel – Granit, Wald und weites Land

Das Mühlviertel, auch Mühlkreis genannt, ist eines der vier historischen „Viertel“ Oberösterreichs, es ist der Teil, der nördlich der Donau liegt und zur Böhmischen Masse, einem Granit-und Gneis-Hochland, gehört. Der Name, der Region, hat mit Wasser zu tun, er bezieht sich auf die „Drei Mühlen“, 3 Flüsse – die Große Mühl, die Kleine Mühl und die Steinerne Mühl. Es ist ein weites hügeliges Land, das bis zum Mittelalter mit Urwald bedeckt war, erst dann entstand durch die Besiedelung die heutige Kulturlandschaft. Die Hügelgräber von Unterweitersdorf bezeugen, dass der Mensch vor mehr als 3.000 Jahren in diese Landschaft kam. Die Schalensteine des Mühlviertels lassen eine noch ältere Besiedelung vermuten. Adalbert Stifter hat diese Landschaft bis ins kleinste Detail beschrieben.

St. Thomas am Blasenstein / Foto: Röbl

Das Leben im Mühlviertel war nie einfach

Es war nicht einfach, den endlosen Urwald „urbar“ zu machen. Die Menschen des Mühlviertels mussten ausdauernd und kreativ sein. Das Holz des Böhmerwaldes brachte zwar gutes Geld aber der Transport nach Wien war eine Herausforderung. Die Mühlviertler bauten den Schwarzenbergischen Schwemmkanal um das Holz zu den Märkten flößen zu können. Als man etwas mehr Geld in der Tasche hatte, leistete man sich die Pferdeeisenbahn von Linz nach Budweis. Altes Handwerk ist lebendig geblieben. Die Weberei ist hier genauso zuhause wie die Technik des Blaudrucks auf Textilien. In der Kunst des Bierbrauens sind die Mühlviertler im Spitzenfeld. Die Mühlviertler Kräuter, der Flachs und das goldenen Leinöl verkaufen sich gut.

Leinfeld, Leinblüte, Leinöl / Foto: Mühlviertel Marken GmbH/Erber

Granit prägt das Land

Ohne Granit kein Mühlviertel. Er ist die Basis der Landschaft, zwar unsichtbar oft, doch allgegenwärtig. Granit und Kraftplatz sind eng miteinander verbunden. Schalensteine, Granit-Findlinge, und heilige Quellen gibt es viele in dieser Region zwischen Donau und Böhmerwald. Die moosbewachsenen Granitformationen, durch Wollsackverwitterung abgetragene Restlinge, malerische Flussläufe und großartige Aussichten in die Weite der Landschaft, fangen die Energie der Natur ein. Viele dieser Orte waren über Jahrhunderten Versammlungs-und Kultstätten und sie ziehen noch heute den Menschen magisch an. Zwei Pilgerwege, der Johannesweg und ein Teilstück des Jakobsweges ziehen sich durch das Mühlviertel. Für Goethe hatte der Granit eine besondere Faszination, im Granit vermutet Goethe die unerschütterlichen, ersten und festesten Anfänge unseres Daseins. Er schrieb eine kleine Abhandlung darüber. „Über den Granit“ ist eine Annäherung Goethes an das Gestein, welches das Mühlviertel prägt.

Granitschale / Foto: Schwarzmann

Pilgerwege im Mühlviertel

Der Johannesweg und der Jakobsweg durchziehen die Landschaft, während der Jakobsweg das Mühlviertel nur streift, ist der Johannesweg ein regionaler Pilgerpfad.

Der Jakobsweg von Krumau nach Passau

Der Weg beginnt in Tschechien, in Krumau, heute UNESCO Weltkulturerbe, über Maria Gojau (Kájov), einem der ältesten Marienwallfahrtsorte in Böhmens, führt die erste Etappe bis Friedberg, ans Ufer des Moldaustausees. Am nächsten Tag geht es durch den Nationalpark Šumava nach St. Thoma (Svatý Tomáš). Die Burgruine Wittinghausen ist aus den Erzählungen Adalbert Stifters bekannt. Dann erreicht der Pilgerweg das Mühlviertel.

Höhepunkt der nächsten Tagesetappe ist Stift Schlägl. Mit dem Bau des Klosters im frühen 13. Jahrhundert begann die Kultivierung des Landstriches, der bis zu diesem Zeitpunkt ein dichter Urwald war. Über die Wallfahrtskirchen St. Wolfgang am Stein und Maria Trost wandert man am nächsten Tag nach Rohrbach. Die Pfarrkirche der Stadt ist dem Heiligen Jakob geweiht und gilt als eine der wichtigsten Barockbauten nördlich der Donau. Der Ort Pfarrkirchen ist das Ziel der fünften Etappe. Neben der Kirche befindet sich die Lorettokapelle mit der Schwarzen Madonna. Tags darauf passieren die Pilger in Neustift die Grenze nach Bayern. Ziel der einwöchigen Wanderung ist die Domstadt Passau.

Stift Schlägl / Erwin Wimmer

Der Johannesweg

Der Johannesweg führt auf 84 Kilometern und 12 Stationen, in Form einer Lilie, dem Symbol des Lichts, durch die Region Mühlviertler Alm Freistadt. Der Grundgedanke von Johannesweg-Initiator Dr. Johannes Neuhofer war Besinnung und Entschleunigung. Die Region Mühlviertler Alm mit ihren zehn Gemeinden im nordöstlichen Teil des Mühlviertels ist ein intakter Naturraum weitab jeglicher Hektik. Auf der Wanderung durchquert man die Gemeinden Pierbach, Schönau im Mühlkreis, St. Leonhard bei Freistadt, Weitersfelden, Kaltenberg, Unterweißenbach, und Königswiesen. Drei Tage dauert der Rundweg, von seinem Ausgangspunkt in Pierbach über Schönau, St. Leonhard bei Freistadt, Weitersfelden und Unterweißenbach wieder zurück an den Ausgangspunkt.

Johannesweg, Sonnenaufgang, Ruine Ruttenstein / Robert Diesenreither

Früher war der Granit eine Einkommensquelle – heute ist er Erlebnis

Heute lebt es sich gut im Mühlviertel, Industrie und Tourismus haben Wohlstand gebracht. Das war nicht immer so. Im 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war die Steinindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Mühlviertels. Auf der Donau transportierte man den Granit zu den Großbaustellen der Donaumonarchie. Der Dom zu Linz, die Eisenbahnbrücken Oberösterreichs, und nicht zuletzt, das „Wiener Pflaster“ verbrauchten viel Stein. In Wien liegen mehrere Millionen Quadratmeter Granitpflaster. Die Arbeit im Steinbruch war ungesund, Staublunge war eine verbreitete Todesursache. Heute sind die meisten Steinbrüche geschlossen, und die aktiven stehen in Konkurrenz mit Indien und China. Steinreich wird man nur, wenn man kreativ ist. So gibt es „innovative Steinverarbeitungsbetriebe“, es gibt den „intelligenten Stein“ und in der „Erlebniswelt Granit“ lernt man, dass Granit eine grandiose Vielfalt an Farben und Texturen zu bieten hat.

Thurytal, Feldaist, Freistadt / Foto OÖ. Tourismus/Heiliger

Die touristischen „Highlights“ des Mühlviertel

Die Gemeinde Aigen-Schlägel im Böhmerwald kann ein Stift aus dem 13.Jahrhundert anbieten. Nachdem die Zisterzienser das Handtuch geworden hatten, wurden 1218 Prämonstratenser angesiedelt. Das im 17.Jahrhundert neu erbaute Stift mit eigener Brauerei, geht auf sie zurück. In der Umgebung befindet sich der Schwarzenberger Schwemmkanal und der Liebesfelsen. Im Ort kann man das 10erl Haus bewundern, mit einer Fassade voller 10 Groschen Stücke.

Haslach gehört zu den bekannten Orten, sein Stadtturm beherbergt ein Museum, die Stadtpfarrkirche kann sich sehen lassen und es gibt ein Kaufmannsmuseum. Im Ort befindet sich in der ehemaligen Leinenweberei Vonwiller ein Webereimuseum, drei Webereien sind noch aktiv, früher wurde der blaublühende Flachs überall rund um Haslach angepflanzt. Haslach besitzt auch eine traditionsreiche Leinöl-Mühle.

Freistadt liegt am alten Handelsweg nach Böhmen, die mittelalterliche Altstadt, die Befestigungsanlagen und der Bergfried sind erhalten geblieben. Apropos Handelsweg, Im Jahr 1832 wurde die erste öffentliche Eisenbahn am Europäischen Kontinent zwischen dem tschechischen Budweis und Linz-Urfahr eröffnet, und 1836 noch bis Gmunden verlängert. Seit 1996 fährt sie wieder ,aber nur ein kurzes Stück, in der Gemeinde Rainbach, in nächster Nähe von Freistadt. Hier kann man, auf einem halben Kilometer Schienenstrecke das Gefühl des „Reisens von einst“ erleben. Im Luxuswagen „Hannibal“, in dem einst die Herrschaften des Habsburger Kaiserreiches reisten, in stilgerechter Umgebung des historischen Pferdeeisenbahnhofes samt Museum wird dieses Erlebnis lebendig. 500m Strecke ist nicht viel, aber man hat einen Wanderweg entlang der alten Trasse angelegt, da kann man tagelang unterwegs sein.

Kefermarkt beherbergt in seiner St.Wolfgang Kirche ein Juwel der Gotik. Der namenlose Flügelaltar aus Lindenholz stammt aus dem 15.Jahrhundert.

Bad Leonfelden ist bekannt als Moor-und Kneippkurort. Der höchste Berg des Mühlviertels, der Sternstein liegt in der Nähe.

Die Mühlviertler Alm ist bekannt geworden durch den Johannesweg. Es ist ein waldreiches Hügelland, das zum Wandern und Verweilen einlädt.

In Schwarzenberg begegnet man Adalbert Stifter, das Museum gibt Auskunft über den Dichter und Maler der Biedermeierzeit. In der Nähe wird immer noch Leinöl gepresst. Ein kurzer Ausflug nach Deutschland lohnt. Die Gemeinde Neureichenau, im Bayerischen Wald, ist stolz auf ihr Museum „Adalbert Stifter und der Wald“. In den Räumen des Ladenstöckls im Rosenberger Gut wurde 2014 das neue Adalbert-Stifter-Museum etabliert.

Ulrichsberg lockt mit dem Glasmuseum, der Moldaublick ist schön und zahlreiche Kirchen und Kapellen in der Umgebung sind einen Stopp wert.

An der Donau, die eine Grenze der Region bildet ist die Schlögener Donauschleife beeindruckend und die Pesenbachschlucht mit ihrem Kerzenstein.

Freistadt / Foto: OÖ.Tourismus/Röbl

Ein Fazit

Im Mühlviertel geht nichts „flott“, man kommt hierher um die Landschaft und die Produkte der Region zu genießen. Es ist eine Mystische Landschaft, die auf Granit sitzt. Entschleunigung ist hier das Thema, diese Landschaft, die Adalbert Stifter porträtiert und beschrieben hat, will in ihrem Tempo genossen werden. Das Mühlviertel ist vielfältig und hügelig. Eine gelungene Mischung aus Kulturlandschaft und unberührter Natur.

Bild Pexels

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