In Kambodscha und Angkor wird „chaul chnam Khmer“ gefeiert, in Europa würde man dazu „Silvester“ sagen, oder ganz einfach Neujahr. Die Feierlichkeiten finden jedes Jahr, immer zum Vollmond, zwischen 14. und 16.April statt und dauern drei Tage. Chaul chnam Khmer ist 2021 unter dem Schutz von Mondar Tevy, denn der Neujahrstag fällt an einen Mittwoch im Jahr des Ochsen. Die Patroninnen des Festes gehen zurück auf eine alte Legende, die vom Himmelskönig Kabil Moha Prum und seinen sieben Töchtern erzählt. Diese Töchter sind so etwas wie Schutzengel und jeder Tag der Woche hat seinen eigenen Engel. Zu Beginn des Neuen Jahres, 2021 ist das am frühen Morgen des 14. Aprils, wünscht man sich „Sus’Dei Chnam Thmei“. Mit Erscheinen des Engels beginnt Maha Songkran, der erste Tag des dreitägigen Neujahrsfestes in Kambodscha.

FOTO: rosareisen

Die Legende von Kabil Moha Prum und Dhammabal Koma

Es geht um einen Himmelskönig der seinen Kopf verliert und um einen schlauen Sohn aus reichem Haus, der aufgrund seines Wissens eine Wette gewinnt. Kabil Moha Prum ist in dieser Geschichte der etwas eingebildete Himmelskönig und Vater von den sieben Töchtern, die als Schutzengel in Kambodscha verehrt werden. Der zweite Protagonist ist Dhammabal Koma, der Sohn eines reichen Vaters, der nicht nur die Veden studiert hat, sondern auch die Sprache der Vögel versteht. Letzteres versetzt ihn, in dieser Geschichte, in die Lage, die Fragen des Himmelskönigs zu beantworten, denn ein Geier flüstert ihm die Antworten ein. Das kostet Kabil Moha Prum seinen Kopf, denn bei diesem himmlischen Quiz war das der Einsatz, der Verlierer verliert seinen Kopf.

FOTO: rosareisen

Die drei Fragen des Kabil Moha Prum

In den Fragen geht es um das „Glück“, denn der Himmelskönig will von Dhammabal Koma wissen:

Was ist das Glück am Morgen?

Was ist das Glück am Nachmittag?

Was ist das Glück am Abend?

Das sind, zugegeben, schwierige Fragen, denn Glück ist für jeden etwas anderes und Dhammabal Koma muss herausfinden, was Kabil Moha Prum unter „Glück“ versteht, immerhin bekommt er sieben Tage Zeit um die passenden Antworten zu finden. Da das mit dem Glück eine schwierige Sache ist, ist es kein Wunder, dass Dhammabal Koma am sechsten Tag noch immer keine passende Antwort gefunden hat und kurz vor dem Selbstmord steht.

FOTO: rosareisen

Das geschwätzige Geierpärchen

In seiner Verzweiflung geht Dhammabal Koma in den Wald um dort seinem Leben ein Ende zu setzen, die Hoffnung, die Fragen beantworten zu können, hat er aufgegeben. Als er zum Selbstmord bereit unter einem Baum liegt, hört er ein Geierpärchen, dass sich gerade über seine Misere unterhält. Dhammabal Koma, der von Natur aus neugierig ist, schiebt seinen Selbstmord auf und lauscht der Unterhaltung. Er erfährt: Herr und Frau Geier freuen sich schon darauf, sein Fleisch von den Knochen zu nagen. Frau Geier ist aber neugierig und fragt ihren gefiederten Mann, was denn nun die Fragen und deren Antworten wären. Da Herr Geier die Antworten kennt und sie seiner Frau verrät, rettet das Dhammabal Koma seinen Kopf. Denn nun kann er die Wette gegen den Himmelskönig gewinnen. Falls jemand neugierig ist – das sind die Antworten:

Morgens liegt das Glück auf dem Gesicht der Menschen, da sie ihr Gesicht waschen bevor sie einen neuen Tag beginnen.

Nachmittags liegt das Glück auf der Brust der Menschen, da sie baden um ihren Körper von der Nachmittagshitze zu kühlen.

Abends liegt das Glück an den Füßen der Menschen, da sie ihre Füße nach einem ganzen Tag der Arbeit reinigen und sich auf die Nachtruhe vorbereiten.

Der Himmelskönig verliert die Wette und seinen Kopf

Der Himmelskönig hielt Wort aber bevor er sich köpfen ließ, rief er seine Töchter zu sich und erklärte ihnen genau, wie die Enthauptung stattzufinden habe, ohne die Welt ins Chaos zu stürzen. Denn, sein Kopf durfte nicht mit der Erde in Berührung kommen, um sie nicht zu verbrennen. Eine Berührung mit der Luft dagegen würde den Regen verdunsten und die Berührung mit dem Meer würde alle Meere austrocknen lassen. Vorsichtsmaßnamen waren also nötig.

FOTO: rosareisen

Die Enthauptung von Kabil Moha Prum

Kabil Moha Prum köpfte sich laut Legende selbst und überreichte seinen Kopf seiner ältesten Tochter Tungsa. Diese legte dann den Kopf des Vaters auf eine Metallplatte und brachte ihn zum Berg Someru. Bestattet hat Tungsa Tevy das Haupt des Himmelskönigs im Kuntheakmali-Tempel im Himmel. Dort treffen sich die Engel jedes Jahr zum Songkran und eine der sieben Töchter dreht mit dem Kopf des Vaters eine Runde um den Berg Someru. Das soll den Menschen Glück und gutes Wetter für eine gute Ernte bringen. Songkran, das ist das kambodschanische Neujahr. 2021 wird Mondar Tevy eine Runde um den Someru drehen, den heiligen Berg der Götter, den die Inder Meru nennen.

FOTO: rosareisen

Die sieben Töchter des Kabil Moha Prum

Jede Tochter ist ein Schutzengel und einem bestimmten Wochentag zugeordnet. Um sie unterscheiden zu können, hat jeder Schutzengel seine eigenen Attribute als Erkennungsmerkmal und jeder von ihnen hat seine eigenen Vorlieben. Das ist wichtig zu wissen, denn wenn am Songkran, dem Neujahrstag, das Opfer dargebracht wird, darf man die Vorlieben nicht verwechseln. Den Beginn macht Tungsa Tevy, sie ist die älteste Tochter von Kabil Moha Prum und steht für den Sonntag. In der rechten Hand hält sie eine Scheibe, in der linken eine Muschel. Um den Hals trägt sie eine rubinrote Kette und hinter dem Ohr steckt eine Granatapfelblüte. Ihr Reittier ist der Garuda und ihr Lieblingsessen sind Feigen. Den Abschluss am Samstag macht Mohurea Tevy, ausgestattet mit Scheibe und Dreizack, sowie einer Haarnadel aus Trokeatblüten. Mohurea Tevy reitet einen Pfau und ihr Lieblingsessen ist Hirschfleisch.

Die Töchter des Himmelskönig nach Wochentagen

Tungsa Tevy (Sonntag)

Korak Tevy (Montag)

Reaksa Tevy (Dienstag)

Monder Tevy (Mittwoch)

Kerin Tevy (Donnerstag)

Kemira Tevy (Freitag)

Mohurea Tevy (Samstag)

Der Montag gehört Korak Tevy, sie trägt Schwert und Stock und um den Hals trägt sie eine Perlenkette. Sie reitet einen Tiger und ihre Lieblingsspeise ist Öl. Am Dienstag ist Reaksa Tevy mit Dreizack und Bogen dran. Im Haar trägt sie Lotusblüten. Reaksa Tevy trinkt am liebsten Blut und ihr Reittier ist das Pferd. Der Mittwochsengel ist Mondar Tevy. Sie hält in der rechten Hand eine Nadel, einen Stock in der linken und trägt eine Haarnadel mit Blüten der Plumeria. Mondar Tevy reitet einen Esel und Milch schmeckt ihr besonders gut. Der Donnerstag gehört Keriny Tevy, sie ist ausgestattet mit Harpune und Waffe, im Haar trägt sie Mondblumen. Keriny Tevy reitet einen Elefanten und sie mag Bohnen und Sesam. Die sechste Tochter ist Kemira Tevy, sie beschützt den Freitag. Ihre Attribute sind das Schwert, die Zither und violette Blumen. Kemira Tevy reitet den Wasserbüffel und liebt Bananen.

FOTO: rosareisen

Die Bedeutung von „chaul chnam Khmer“

Das kambodschanische Neujahr fällt auf den 13.oder 14.April und wird im traditionellen Horoskop als „Maha Songkran“ bezeichnet. Es wird auch „Khmer Neujahr“ genannt, denn die Khmer sind die dominierende ethnische Gruppe in Kambodscha. 95% der 15 Millionen Kambodschaner sind Theravada Buddhisten, sie folgen der „Religion der Alten“. Für sie ist der buddhistische Kalender von Bedeutung. Die Mehrheit der Kambodschaner lebt als Bauern und daher ist für sie der landwirtschaftliche Zyklus wichtig. Chaul chnam Khmer feiert man kurz nach der Ernte, dann wenn die Ernte sicher eingelagert wurde. „Maha Songkran“ wird kurz nach der Erntezeit und vor der Regenzeit gefeiert.

FOTO: rosareisen

Wie feiert man „chaul chnam Khmer“?

Die Feierlichkeiten dauern drei Tage. Am ersten Tag waschen sich die Kambodschaner ihr Gesicht mit Weihwasser, ziehen anschließend ihr „Sonntagesgewand“ an und gehen mit Kerzen, Weihrauch und Räucherstäbchen ausgerüstet zum Familienschrein. Im Tempel bedankt man sich später bei Buddha für seine Lehre. Zu Mittag wäscht man den Oberkörper und am Abend vor dem zu Bett gehen, die Füße. Das geht auf die Legende des Himmelskönigs zurück, wir erinnern uns – die drei Phasen des Glück. Am zweiten Tag ist die Nächstenliebe im Fokus. Arme Menschen beschenkt man und im Kloster werden Zeremonien für die Ahnen abgehalten. Am dritten Tag steht Buddha im Mittelpunkt. Seine Standbilder werden mit parfümierten Wasser gewaschen, das steht symbolisch für die Reinwaschung von Sünden.

FOTO: rosareisen

Traditionen rund um „chaul chnam Khmer“

Im Tempelgelände errichtet man einen Sandhügel und dieser wird so geformt, dass er Buddha im Zentrum und seine vier Lieblingsschüler rundherum darstellt. Auch „Kralan“ darf nicht fehlen, der kambodschanische „Neujahrskuchen“ ist eine Speise aus gedünstetem Reis, Kokosnuss, Kokosmilch, Bohnen und Erbsen. Diese Mischung wird in ein hohles Bambusrohr gepresst und über einem Feuer langsam geröstet. Die Menschen haben Freizeit und Familienbesuche sind obligatorisch. Es wird getanzt und gespielt. Einige dieser Spiele sind eng mit „chaul chnam Khmer“ verbunden. zum Beispiel „Chab Kon Kleng“, dabei spielt eine Person die Henne, andere Mitspieler die Küken und eine weitere Person die Krähe. Die Henne bewacht ihre Küken und die Krähe versucht ihr die Küken wegzuschnappen.

Kommentar verfassen