Der Jakobsweg in Ungarn

Auch in Ungarn kann man auf den Spuren der Jakobspilger unterwegs sein. Der Jakobsweg in Ungarn beginnt in Budapest am 0-km-Stein am Westende der Kettenbrücke. Eine weiße Skulptur bezeichnet den Ausgangspunkt der ungarischen Fernstraßen. Von Budapest geht es über Zsámbék, Many, Tarján, Tata, Nagyigmand, Kisbér, Pannonhalma nach Györ. Die nächste Etappe führt nach Lébény, wo sich der Weg an der Jakobuskirche verzweigt. Die Hauptroute führt über Mosonmagyaróvár nach Rajka am Länderdreieck von Ungarn, Österreich und Slowakei. Dort kann man wahlweise zur slowakischen Hauptstadt Bratislava oder über die österreichische Grenze nach Pama weitergehen. Beide Routen führen nach Wolfsthal und dann über Hainburg und Petronell nach Maria Ellend.

Von Budapest kann man aber auch die Via Pannonia nehmen, sie führt entlang des Plattensees via Tihany bis Ptuj und verbindet sich dort mit dem Slowenischen Jakobsweg.

Kettenbrücke Budapest (Foto Pexels)

Es gibt nie „DEN (Pilger)WEG“

Pilgerwege sehen auf der Landkarte eher wie ein Netz aus, mit größeren und kleineren Knotenpunkten. Erst kurz vor dem eigentlichen Ziel, im Fall des Jakobsweges, Santiago de Compostela. wird aus dem Netz ein einzelner Strang. Das liegt daran, dass die Pilger aus allen Ecken Europas kamen. Für sie begann ihr Weg vor der Haustüre und dann suchte sich der Mensch, die sicherste Verbindung zu seinem Ziel. Im Mittelalter, als die Pilgerschaft zum Grab des Heiligen Jakob begann, war es den Menschen wichtig, „heilige Stätten“ auf ihrem Weg mitzunehmen, man glaubte, dass man an jedem heiligen Ort ein bisschen „Heil“ einpacken konnte. Das erklärt die manchmal unlogisch erscheinende Streckenführung von Pilgerwegen.

Durch die Pilger entwickelten sich die „heiligen Orte“ zu Pilgerzentren, denn sie waren, so wie die heutigen Touristen, diejenigen die Geld in diese Orte brachten. Jeder Pilger muss essen und er braucht ein Dach über den Kopf. Dafür musste er eine Gegenleistung bringen. Das hat aus kleinen Orten oft große Städte gemacht. Als es das Grab des Heiligen Jakob in Santiago noch nicht gab, war Santiago unbekannt. Zu Beginn des 9.Jahrhunderts wurde das angebliche Grab entdeckt, ein Eremit namens Pelayo soll eine Lichterscheinung gehabt haben. Ein Bischof anerkennt die Erscheinung und ein König baut eine erste Kirche, eine Stadt entsteht aufgrund der Wallfahrt aber erst im 10.Jahrhundert.

Hauptportal Santiago de Compostela (Foto: Wikimedia)

Lébény – eine Station am Jakobsweg

Lébény ist eine Station am ungarischen Jakobsweg mit einer bemerkenswerten romanischen Jakobskirche. Die Kirche wurde ab 1208 als Basilika vom Benediktinerorden errichtet, der Ort hieß damals Libin. Lébény ist ein Ort der oft erobert wurde. Archäologen haben Spuren aus dem Neolithikum, der Bronze-und Eisenzeit, sowie Überreste einer keltischen Besiedlung gefunden. Tiberius hat um das Jahr 9 an dem Ort ein Militärlager gegründet, als Posten seines transdanubischen Feldzuges. Das war vermutlich die Keimzelle für die heutige Stadt. Die Zeiten blieben unruhig, die Hunnen, die Langobarden und die Avaren wechselten sich als Herren von Lébény ab. Mit den Avaren kommt das Christentum in die Region, sie konvertieren zum christlichen Glauben. Mit den Ungarn kommen die Benediktiner und die romanische Architektur. 1208 wird die Basilika des Heiligen Jakob erstmals erwähnt, damit beginnt die schriftliche Geschichte der Stadt.

Für die Jakobspilger war Lébény ein wichtiger Knotenpunkt. Der ungarische Jakobsweg beginnt offiziell in Budapest an dem 0-Kilometerstein und erreicht nach 200 km die 800 jährige romanischen katholischen Basilika in Lébény. Ein anderer Teil des Jakobsweges orientiert sich am Weg des Heiligen Benedikt. Er führt über die Route der Benediktiner Klöster und damit über das Kloster von Tihany, er endet nach 170 km ebenfalls in Lébény.

Jakobskirche Lébény Ungarn

Tihany am Plattensee

Tihany wurde 1055 von König Andreas gegründet. Das Benediktinerkloster liegt auf der einzigen Halbinsel des Balaton. Die heute noch sichtbare Barockkirche wurde unter Abt Ágoston Lécs errichtet. Die Inneneinrichtung wurde von dem Holzbildhauer und Möbeltischler Sebastian Stulhoff zwischen 1754-1779 gefertigt. Die aus Holz geschnitzten Einrichtungen und vergoldeten Statuen gehören zu den besten sakralen Interieurs Mitteleuropas. Die Restauration der Kirche wurde 1996 beendet.

Im barocken Ordenshaus befindet sich heute ein Museum. Im Ordenshaus wurden 1921 Karl IV von Habsburg und Königin Zita interniert, bevor sie nach Madeira ins Exil geschickt wurden. 2005 feierten hier die Benediktiner ihr 950jähriges Jubiläum. Im Sommer werden in Tihany Konzerte veranstaltet. Das Kloster ist auch königliche Grablege. In der Krypta liegen der im Jahre 1060 verstorbene König und Gründer, Andreas und auch sein jüngster Sohn, Herzog David, begraben. Im Kloster wird noch die Gründungsurkunde aufbewahrt, sie ist das älteste erhaltene Dokument in Ungarn. Werhaft war Tihany auch, das zur Festung umgebaute Kloster widerstand immerhin einer Eroberung durch die Türken.

Tihany (Foto: Wikimedia)

Der Balaton und der Pannonische Weg

Auf gut Deutsch, der Plattensee – Er liegt in Westungarn und ist nicht nur der größte Binnensee, sondern auch der bedeutendste Steppensee Mitteleuropas und mit fast 600 Km² etwas größer als der Bodensee. Seine einzige Halbinsel ist Tihany, hier ist der See nur 1,3 Km breit. Das Südufer ist flach, das Nordufer hügelig mit Weinbergen bedeckt. Der Balaton wird auch „Ungarisches Meer“ genannt, er ist eine beliebte Badedestination der Ungarn, seine Strände und die Heilbäder und Thermalquellen am See, ziehen viele Besucher an.

„Pannonien“ ist eine historische Landschaft in Westungarn, der Name leitet sich von der ehemaligen römischen Provinz „Pannonia“ ab. Karl der Große etablierte hier die „Awarenmark“, die in ein Oberpannonien (Wienerwald bis zur Raab) und in ein Unterpannonien (Raab bis zur Drau) geteilt war. Die Nordgrenze war die Donau. Um 803 besiegte Karl der Große die Awaren und im Westen entstand das Plattensee-Fürstentum. Um 900 eroberten die Magyaren das Gebiet. Das heutige Westpannonien, umfasst das Burgenland und die drei westungarischen Komitate Györ/Moson/Sopron, Vas und Zala.

Der Pannonische Weg führt von Budapest, entlang des Plattensees, über Tihany in die Slowakei. Im Ptuj trifft er auf einen Jakobsweg, der über Maribor nach Graz geht. Damit ist der Pannonische Weg kein Jakobsweg im eigentlichen Sinn, er ist eher eine Verbindungsstrecke zwischen zwei Hauptsträngen des Pilgerweges. Er verbindet den Ungarischen Jakobsweg, der von Budapest über Lébény nach Wolfsthal in Österreich führt, mit dem Slowakischen Jakobsweg, der sich entlang der Trau bis Triest in Italien zieht. Jakobspilger gingen immer von Ost nach West, welche Route sie nahmen, das hing von ihrem Wohnort ab.

Balaton im Winter (Foto: Wikimedia)

Esztergom – die größte klassizistische Kuppel Ungarns

Die ehemalige Hauptstadt des Königreichs Ungarn liegt im Komitat Komárom-Esztergom, an der Donau. Vom 10. bis zum 13.Jahrhundert war es die Residenz der ungarischen Könige. Die Dominante der Stadt ist eine klassizistische Kirche aus dem 19.Jahrhundert. Der Architekten József Hild errichteten am alten Berg der Kelten die größte Basilika des Landes, die Maria Himmelfahrt und Sankt Adalbert geweiht ist. Sie ist die größte katholische Kathedrale Ungarns mit einer Renaissance-Kapelle, die an die Basilika angegliedert ist. Die Basilika von Esztergom ist der Sitz des Primas von Ungarn. Südlicher Nachbar ist der im 11. Jahrhundert angelegte und im 12. Jahrhundert erweitere königliche Burgpalast, 1256 wurde er die Residenz der Erzbischöfe. Der Bau wurde am 31.August 1856 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph eingeweiht. Für die Feier komponierte Franz List die „Graner Messe“. „Gran“ ist der zweite Name von Esztergom, er bezieht sich auf den gleichnamigen Fluss.

Der Bau ist beeindruckend und er enthält einige Superlativen. Die Innenfläche ist mit 5.600m² riesig, die Kuppel mit einem Durchmesser von 33,5m ist die größte in ganz Ungarn und das Altarbild „Mariä Aufnahme in den Himmel“ mit 13,5×6,5m ist das größte Gemälde der Welt, das je auf einem einzigen Stück Leinwand gemalt wurde. Angefertigt hat es Michelangelo Grigoletti. Die Renaissance Kapelle, die Tamás-Bakócz-Kapelle, ist ein Werk italienischer Meister des frühen 16.Jahrhunderts. Sie wurde aus rotem Marmor von Süttő geschaffen, und ihre Wände sind mit toskanischen Renaissance-Motiven geschmückt. In der Krypta im altägyptischen Stil ruhen die Gebeine des ungarischen „Märtyrers“ József Kardinal Mindszenty. Seine Überreste wurden am 4. Mai 1991 vom österreichischen Mariazell nach Esztergom überführt.

Basilika von Esztergom (Bild: Wikimedia)

Frühes Christentum, Maria, der heilige Martin und der Jakobsweg in Ungarn

Die Geschichte der Katholischen Kirche beginnt in Esztergom (Gran). König Stephan I. schuf 1000 das römisch-katholische Erzbistum Gran (Esztergom). Erste Spuren des Christentums sind aber bereits um 400 belegt. Die Universität Wien hat dazu ein länderübergreifendes Forschungsprojekt laufen. Im 9.Jahrhundert dominierte noch die Orthodoxe Kirche, eingewanderte Slawen hatten den den Glauben mitgebracht. Als die Magyaren das Land erobern mischt sich Heidentum und Christentum. Mit König Stephan I. wird dann der katholische Glaube dominierend.

Im 16.Jahrhundert wird Ungarn von den Osmanen erobert. Viele christliche Kirchen werden zerstört oder in Moscheen umgewandelt. Gleichzeitig erreicht die Reformation den Norden des Landes. Im 17.Jahrhundert fällt Ungarn an das Habsburgerreich und der katholische Glaube wird restauriert, der Katholizismus ist bis heute die vorherrschende Religion Ungarns.

Stephanskrone (Foto: Wikimedia)

Marienverehrung und Mariazell

Die Marienverehrung hat in Ungarn Tradition in Verbindung mit Mariazell. Der Marienweg ist ein spiritueller Wanderweg (Pilgerweg) von Csíksomlyó (RO) über Ungarn nach Mariazell. Die Gesamtlänge des Weges umfasst ca. 1.400 km, davon 150 km in Österreich und es dauert rund 60 Tage um den ganzen Weg zurückzulegen. Der obersteirische Wallfahrtsort geht auf eine im 12. Jahrhundert errichtete Klosterzelle des Benediktinerstiftes St. Lambrecht zurück, die sich zu einem bedeutenden Ort der Marienverehrung in Mitteleuropa entwickelte. Eine erste Kapelle wurde um 1200 von Markgraf Heinrich I. von Mähren errichtet, diese wurde im 14. Jahrhundert dank einer Stiftung von König Ludwig I. von Ungarn, zu einer gotischen Hallenkirche ausgebaut. In der Barockzeit wurde die Mariazeller Basilika mit Unterstützung der Habsburger zum wichtigsten Wallfahrtsort der Monarchie. Die Mariazeller Maria wurde als Verkörperung der „Magna Mater Austriae“ zum Staatsheiligtum der habsburgischen Monarchie.

Mariazell (Foto: Martschin)

Der Heilige Martin war ein Ungar

Der heilige Martin ist in Szombathely zu Hause und die Stadt ist Ausgangspunkt verschiedener Pilgerwege nach Tours in Frankreich, die seit 2005 als europäische Kulturstraßen gelten. Der Martinsweg beginnt am Geburtsort des Heiligen an der Kapelle Szent Martón in Szombathely und zieht sich dann durch Slowenien. Martin wurde im römischen Savarius, dem heutigen Szombathely, geboren und stirbt 81jährig in Candes bei Tours (Frankreich). Er ist kein Märtyrer, er ist ein „Bekenner“, er ist das Bindeglied zwischen Rom und dem Frankenreich. Als asketischer Mönch verkörpert er das spätantike Ideal eines Bischofs und Priesters. Bekannt wird er als Nothelfer in der Touraine, 372 wird er zum Bischof von Tours geweiht. Auf römischen Spuren kann man in Szombathely noch immer wandern, das Iseum wurde wieder restauriert.

Szombathely Hauptplatz (Foto: Wikimedia)

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