Sylt ist die größte Nordseeinsel mit einer Fläche von nur 99 Quadratkilometern. Sie ist zu etwa 33 Prozent mit Dünen bedeckt, der Rest besteht zur Hälfte aus Geest und Marsch. Die „Königin der Nordsee“ – das sind fünf Gemeinden und zwölf Ortschaften. Jede davon hat ihren eigenen Charme. Das wuselige Westerland, das mondäne Kampen und die grünen Oasen im Inselosten: Keitum, Musum, Archsum, Tinnum und Munkmarsch. Der Hafen List liegt im äußersten Norden und Hörnum am Südzipfel. Sylt ist seit 10.000 Jahren in Bewegung, denn über die Zeit hat sie durch Sandvorspülungen 53,9 Millionen Kubikmeter Sand bekommen. Geographisch liegt die Insel auf der gleichen Höhe wie etwa die englische Stadt Newcastle und der Südzipfel Alaskas. Eine Inselumrundung wäre übrigens 107 Kilometern lang. Da Sturmfluten ein Thema sind, wird Sylt von 22 Kilometer Deichlandschaft geschützt. Berge gibt es keine, die höchste Erhebung ist die Uwe-Düne bei Kampen, die mit 52,5 Metern Höhe eine tolle Rundumsicht bietet.

Die Dünen bei List

Sylt und Westerland bis zum Ellenbogen

Die „Königin der Nordsee“, ist einen Ausflug wert, mit dem Zug geht das ganz bequem, denn ab Niebüll fährt der Sylt Shuttle über den Hindenburgdamm in weniger als einer Stunde nach Westerland. Die Inselhauptstadt kann man eigentlich nicht vermeiden aber das soll man auch nicht, denn sie verbindet auf eine ganz besondere Art die Moderne mit der geschichtlichen Tradition als Seebad. Die wuselige Innenstadt offeriert Cafés und zahlreiche Geschäfte. Am Ende der Fußgängerzone beginnt dann die Promenade wo im Sommer kostenlose Konzerten stattfinden und da liegt auch der Strand mit seinen unzähligen Strandkörben. Westerland ist allerdings eher eine Gebrauchsstadt, denn so edel wie Kampen ist es nicht und auch nicht so kuschelig wie Keitum. Wenn man Sylt kennenlernen will, muss man also über Westerland hinaus – mindestens bis List, wenn nicht bis zum Ellenbogen, ganz im Norden der Insel, da wo die Dünen noch wandern dürfen.

Sylt Strand bei Kampen

List und der Ellenbogen im Norden

List hat einen Hafen und der ist heute der beste Platz für eine Mittagspause. Immerhin befindet sich hier die nördlichste Fischbude Deutschlands. Bei „GOSCH“ muss man gewesen sein. Jürgen Gosch hat hier in den 70er Jahren mit seinem Bauchladen Fischbrötchen verkauft und daraus ist ein Restaurantkomplex geworden. Die guten Fischbrötchen gibt es noch immer aber die Speisekarte wurde erweitert, heute kann man hier gemütlich sitzen und findet etwas für jeden Geschmack. Vom Hafen legen die Adler-Schiffe ab, mit ihnen kann man die Seehundsbänken ansteuern und durch das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer schippern. Zwei Fischkutter, die Gret Palucca und die Rosa Paluka sind dafür im Einsatz.

Sylt Ellenbogen, im Hintergrund List

List gehört zum Zipfelbund

Die nordfriesische Gemeinde List ist die nördlichste Deutschlands, daher ist sie Mitglied im Zipfelbund. Mit „Zipfel“ ist ein aus einem Territorium eines Landes hervorragendes Gebiet gemeint. Daher ist Sylt als nördlichster Zipfel Mitglied. Der westlichste Zipfel wäre Selfkant, der südlichste ist Oberstdorf und im äußersten Osten liegt Görlitz. Der nördlichste Punkt liegt allerdings auf der Halbinsel Ellenbogen, welche die Wattenmeerbucht Königshafen westlich umschließt. Nur wer bis zum Zipfelpunkt wandert, der ist tatsächlich am nördlichsten Punkt Deutschlands gestanden. Wandern ist übrigens schön rund um List. Der Ort ist von einer Landschaft aus Wanderdünen, Heide und Salzwiesen umgeben.

Autoreisezug nach Sylt

Kampen ist der Ort wo die Kunst und das Geld zu Hause ist

Kampen bewirbt sich als klein aber fein, exklusiv und weltoffen, elegant und auch gemütlich dörflich. Laut Tourismusbüro ist es das Dorf der reizvollen Kontraste. Tatsächlich gibt es rund um Kampen endlose Sandstrände und weite Heide, das rote Kliff und eben die Galerien. Denn das angeblich berühmteste Dorf Deutschlands versteht sich auch als Künstlerort. Kunst hat in Kampen Tradition, Kunst und Kultur werden hier schon lange groß geschrieben. Jedes Jahr gibt es wechselnde Ausstellungen, Konzerte und Lesungen. Die vielen Galerien im Dorf und der Kunst- & Kulturpfad stehen für den hohen Stellenwert, den Kunst hier hat und Kampens Künstlergeschichte. Der Kunst- und Kulturpfad, das sind 32 beschriftete Bronzeguss-Platten auf Metallständern, die an markanten Stellen im Dorf aufgestellt wurden. Jede Stele hat einen QR Code über den man Hintergrundinformationen zum jeweiligen Künstler beziehen kann. Ein „Muss“ ist auch eine Wanderung über die Dünen zum Strand.

Fähre in List / Sylt

Keitum ist einfach kuschelig

Keitum ist Reet, das alte Kapitänsdorf, das bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts den Hauptort der Insel Sylt bildete, ist einfach kuschelig . Nirgendwo sonst auf Sylt gibt es einen idyllischeren Irrgarten aus engen Straßen und Gässchen gesäumt von alten Bäumen. Die ehrwürdigen reetgedeckte Kapitänshäuser mit malerischen Bauerngärten liegen hinter Steinwällen, sogenannte Friesenwälle und dienen meist der Gastronomie oder Vermietung. Spazierengehen ist hier einfach schön, denn schattige Pfade und versteckte Wege laden geradezu dazu ein. Das Dorf war einst Alterssitz der Sylter Kapitäne und trägt heute aufgrund der vielen Alleen den Beinamen “Das grüne Herz der Insel”. Keitum braucht daher Zeit, denn es gibt viel zu entdecken und auch zu genießen. Das Museum und das alte Friesenhaus sind sehenswert, der Strandweg auch.

Megalithgrab Harhoog

Beim alten Freibad von Keitum gibt es Spuren aus der Steinzeit.

In der Nähe des Freibads am Rande des Watts befindet sich heute das Megalithgrab Harhoog aber das ist nicht sein Originalstandort. Ursprünglich lag es in der „Weenk“, das ist eine Anhöhe zwischen Keitum und Tinnum. Das Megalithgrab ist ein rechteckiges Hünengrab mit einem erweiterten Dolmen. Es ist in ostwestlicher Richtung ausgerichtet und besteht aus einer Grabkammer mit rechteckiger Einfassung, ein sogenanntes Langbett. Man datiert es auf etwa 3.000 v.Chr. in die Kupfersteinzeit. Seine Erbauer waren vermutlich Menschen der Trichterbecherkultur. Die Träger dieser Kultur waren fleißig, sie bauten nach Schätzungen fast 30.000 Hünengräber. In Deutschland sind 900 von ursprünglich 5.600 erhalten geblieben, Harhoog ist eines davon. Das längste deutsche Hünenbett liegt übrigens im Sachsenwald in Schleswig-Holstein und misst 154 Meter, in Relation dazu ist Harhoog klein.

Hafen bei List / Sylt

Westerland ist eigentlich nur ein Ortsteil der Gemeinde Sylt

Das heutige Westerland entstand aus vielen kleinen Ortschaften, die nach dem Untergang von Eidum gegründet wurden. Im Jahr 1462 bekam die Stadt urkundlich den heutigen Namen. 1855 wurde es von einem Arzt aus Altona zum Nordseebad erklärt und man stellte die ersten Badekarren am Strand auf. Ihr Zweck: sie sollten ein „schickliches“ Baden ermöglichen. Erst 1902 wurden mit der Errichtung eines Freizeitbades die strengen Baderegeln gelockert. Nur ein Jahr später eröffnete das Hotel Miramar. Während in den ersten Jahren nur wenige Menschen die Insel besuchten, wurden 1913 bereits 31.000 Gäste gezählt. Seit 1948 darf sich Westerland als Nordseeheilbad bezeichnen und der Tourismus wächst stetig. Von 1905 bis 2008 besaß Westerland das Stadtrecht, heute ist es ein Ortsteil von Sylt. Die kleine Stadt am Meer ist keine Naturschönheit und mit Kunst hat sie auch wenig am Hut, trotzdem sollte man es gesehen haben – allerdings reicht ein Kurzbesuch.

List Blick auf den Ellbogen

Einst durften die Dünen auf Sylt wandern

Die Dünen Sylts sind heute gezähmt, sie dürfen nicht mehr wandern. Früher dagegen war die Landschaft Sylts geprägt durch Wanderdünen. Das hatte allerdings zur Folge, dass sowohl im Norden als auch im Süden der Insel immer wieder Acker- und Weideflächen, aber auch Häuser unter dem Sand verschwanden. Besonders betroffen waren List und Rantum. Heute gibt es auf Sylt nur noch drei Wanderdünen und die können nichts anstellen. Die größte Sylter Wanderdüne ist ca. 1,5 Kilometer lang und 500 Meter breit und ist damit auch das größte Exemplar Deutschlands. Übrigens gibt es auf keiner der anderen Nordseeinseln noch Wanderdünen. Auch auf Sylt findet man sie nur noch im Listerland, denn die Menschen haben Strandhafer gepflanzt. Die graugrünen Gräser haben sehr lange Wuzeln, immerhin können diese bis zu 12 Meter lang werden und dringen tief in den Boden ein. Damit halten sie den Sand gut fest und verhindern das Wandern der Dünen.

Dünen auf Sylt

Sylt ist eine Insel in Bewegung

Keine andere nordfriesische Insel ist der Wasserkraft der Nordsee so extrem ausgeliefert. Der Westwind und seine Brandung tragen jährlich ein bis vier Meter von der Westseite der Insel ab und verlagern den Sand parallel zur Küste nach Norden oder Süden. Die Insel verliert dadurch jedes Jahr rund eine Million Kubikmeter Sand. Diese Menge wird seit 1972 durch die Sandaufspülungen ausgeglichen. Sie finden seit 1984 regelmäßig entlang der gesamten Westküste statt. Insgesamt wurden von 1972 bis Ende 2019 rund 51,9 Millionen Kubikmeter Sand vorgespült. Von Mitte April bis Ende Oktober 2020 wurden rund 2 Millionen Kubikmeter Sand auf sieben Kilometer Strandlänge aufgespült. Der Sand wird dabei mit einem Spülschiff aus einem acht Kilometer vor der Küste liegenden Gebiet entnommen. Aus 15 bis 30 Meter Tiefe saugt der Bagger ein Wasser-Sand-Gemisch an Bord, das gut einen Kilometer vor der Küste per Spülleitung an den Strand gepumpt und mit Planierraupen verteilt wird.

Sylt und sein Strand

Kartoffelrosen aus Kamtschatka – die Flora und Fauna auf Sylt

Die auffälligste Pflanze die man bei Wanderungen antrifft ist eine Rose und sie ist nicht endemisch. Die Kartoffelrose stammt nämlich ursprünglich aus Kamtschatka. Sie ist auf der Insel unter der Bezeichnung Syltrose bekannt. Die Lebensbedingungen auf Sylt sind perfekt für diese Rose, sie prägt daher die Flora der Insel. Die Biologen sehen das skeptisch, denn auf den Heideflächen sind zahlreiche seltene Pflanzen von Sylt durch die Ausbreitung der Kartoffel-Rose bedroht. Sie überwuchert die einheimische Flora. Dabei hat die Heide eine unheimliche Vielfalt und es gibt viel Heidefläche auf Sylt. Die Braderuper Heide ist übrigens das größte zusammenhängende Heidegebiet in Schleswig-Holstein. Im Watt dominiert der Queller, das ist eine kräftig grüne Pflanze, die sich mit Salzwasser vollsaugt und daher auch sehr salzig schmeckt. In den Restaurants wird er als Gemüse zum Fisch serviert.

Kartoffelrose aus Kamtschatka

Die Kreuzkröte, die in sämtlichen Teilen Deutschlands vom Aussterben bedroht ist, fühlt sich in den Dünen auf Sylt pudelwohl. Immerhin leben in der kargen Sandlandschaft mehrere Tausend Tiere dieser Gattung. Der Schweinswal ist ebenfalls ein Bewohner von Sylt. Früher überlebten die Sylter vom Walfang aber das ist Vergangenheit, denn seit 1999 ist an der Küste das erste Schutzgebiet Europas für Schweinswale. Die Makrele wird dagegen immer seltener. Nach den Weltkriegen waren hunderte von Ruderbooten unterwegs, sobald das Wetter es erlaubte. Man hatte nicht viel Geld und die Makrelen waren ein wichtiger und gesunder Teil der Ernährung. Später verkaufte man sie auch an Restaurants und an Touristen, ein wichtiger Nebenverdienst für so manchen Sylter.

Heidelandschaft Braderup

Heide ist nicht Heide auf Sylt

Sie ist nicht nur violett-romantischer Rückzugsort für Naturliebhaber, sondern auch einer der am stärksten bedrohten Lebensräume in Deutschland: die Heide. Auf Sylt gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Heidearten. Die Heide auf den langen Inselarmen Richtung List und Hörnum ist eine sogenannte Dünenheide, die natürlich entstanden ist. Weil der Sandboden dort dauerhaft nährstoffarm ist, kann diese Heide ohne Einfluss des Menschen überdauern. Im Gegensatz zur Geestheide in der Inselmitte, die aus nährstoffreicheren Moränen der vorletzten Eiszeit aufgebaut ist. Würde man nicht eingreifen, sondern sie natürlich weiterwachsen lassen, würde die Heidelandschaft gemäß ihrem Entwicklungszyklus überaltern und wieder in einen Wald übergehen. Die Braderuper Heide ist die größte Heidefläche Schleswig-Holsteins, steht seit 1979 unter Naturschutz und ist Lebensraum für 150 Pflanzenarten und 2500 Tierarten.

Sylt Museum in Keitum

Prominente gab und gibt es auf Sylt

Das „Saint Tropez“ der Deutschen gehört zu den Nordfriesischen Inseln und ist von der Nordsee umgeben. Sylt erstreckt sich über eine Fläche von knapp 100 Quadratkilometern und reicht dabei von der Nordseeküste Schleswig-Holsteins bis nach Dänemark. Als Hauptort gilt das Westerland im Westen der Insel. Zur Ostseite liegt das Wattenmeer, welches geografisch zu Schleswig-Holstein gezählt wird. Sylt ist nach Rügen, Usedom und Fehmarn die viertgrößte Insel Deutschlands und über den Hindenburgdamm mit dem Festland verbunden. Vom deutschen Freiheitskämpfer Uwe Jens Lornsen, der in Keitum geboren wurde, über Thomas Mann und Theodor Storm bis zu der deutsche Rock- und Punk-Band Die Ärzte und Dieter Bohlen war Sylt immer ein Magnet für Prominente und Künstler.

Theodor Storm war so von Sylt fasziniert, dass er im Jahre 1887 mit der „Sylter Novelle“ begann, die er vor seinem Ableben ein Jahr später allerdings nie fertigstellte. Thomas Mann war ebenfalls auf Sylt zwecks Inspiration, wie auch die Maler Julius Bodenstein, Albert Aereboe, Emil Nolde und Ernst Mollenhauer. Kampen, wir erinnern uns an den Kunstpfad, galt zu Beginn des 20. Jahrhundert immerhin als eine Art Künstlerkolonie. Spuren von Sylt finden sich in ihren Werken und manchmal auch auf der Insel selbst. So errichtete der Buddhist und Schriftsteller Paul Dahlke in Wenningstedt das größte Buddha-Denkmal Europas und lebte selbst lange Jahre auf der Insel.

Sylt Treppenwege bei Kampen

Reicht ein Tag für Sylt?

Für einen Überblick – ja. Die Insel ist zwar klein aber sie hat viel zu bieten, wer nur einen Tag hat ist gut beschäftigt. Ein Spaziergang in Kampen inklusive Dünenwanderung zum Strand ist ein guter Start in den Tag. List ist der perfekte Platz für eine Mittagspause und die lokalen Dünen laden anschließend dazu ein, die bei Gosch konsumierten Kalorien wieder abzuwandern. Für Keitum und seine Kapitänshäuser muss man sich Zeit nehmen, der Ort lädt zum Verweilen ein und man sollte die Einladung annehmen. Westerland fällt zwar etwas ab, wenn man all die anderen Orte gesehen hat aber auf seine Art ist es trotzdem sehenswert. Der letzte Stopp ist dort gut angelegt, denn die wuselige Fußgängerzone und der meist gut gefüllte Strand sind einen Blick wert und Cafés gibt es ebenfalls an jeder Ecke. Außerdem ist der Bahnhof in der Stadt und schließlich will man pünktlich am Zug sein.

Strandkörbe auf Sylt

Sylt und der Naturschutz

Feine Sandstrände im Westen, ausgedehntes Wattenmeer im Osten. Idylle zwischen Dünen und Deichen. Sattgrüne Wiesen, blühende Heide und imposante Kliffe. Trotz ihrer geringen Größe von nicht einmal 100 Quadratkilometern fasziniert Sylt mit seinen ebenso reizvollen wie vielfältigen Landschaftsformen. Bereits ab 1923 wurden einzelne Gebiete nach und nach unter Schutz gestellt. Heute ist jeder siebte Quadratmeter Sylter Boden Landschaftsschutzgebiet und jeder dritte Quadratmeter steht unter Naturschutz. Insgesamt machen die geschützten Flächen mehr als 50 Prozent der gesamten Inselfläche aus. 1985 wurde das Gebiet zwischen der Nordspitze Sylts und der Elbmündung zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ernannt und damit in die höchste Schutzgebietskategorie erhoben. Im Sommer 2009 wurde das Wattenmeer vor Sylt sogar in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen. Mit der Ernennung zum Weltnaturerbe ist dieser Schutz nun auch international verankert.

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