Der Jakobsweg verbindet – auch im 21.Jahrhundert

Der Pilger ist in letzter Konsequenz immer ein Reisender, man kann ihn auch „Tourist“ nennen und damit ist er Teil einer Wirtschaft. Das war im Mittelalter so und das hat sich bis heute nicht wesentlich verändert. Es ist der Tourismus, der die Jakobswege erhält und die „Anrainer“ miteinander kooperieren lässt. In Tirol ist der Pilgerweg ein grenzüberschreitendes, von der EU gefördertes Interreg-III-Projekt. 90 Gemeinden sind beteiligt. Tirol hat auch eine eigene Jakobsgemeinschaft.

Der Tiroler Jakobsweg, das sind eigentlich zwei Wege, ein nördlicher und ein südlicher. Durch Tirol führt der Hauptstrang des österreichischen Jakobsweges, dieser Weg erreicht das Bundesland bei Waidring und geht weiter nach Wörgl, wo er an einen Verbindungsweg, der von Böhmen nach Bayern führt, andockt. In Innsbruck verknüpft er sich mit dem Südösterreichischen Jakobsweg. Der war die Pilgerroute für jene Menschen, die durch die Steiermark, über Slowenien, Körnten oder Osttirol gingen.

Pilgern

Der südliche Jakobsweg in Tirol – immer der Drau entlang

In einer Zeit wo es weder Autobahnen noch Asphalt gab waren Flüsse eine willkommene Orientierung. Der ganz frühe Mensch ist überhaupt auf den Flüssen gereist, denn die Natur bestand aus dichten Wäldern, in denen man sich leicht verirren konnte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Pilger im Mittelalter die Drau als Orientierungshilfe verwendeten, am Fluss, da konnten sie sich sicher sein, bestanden Siedlungen und Städte. Jeder Pilger braucht nach seiner Tagesetappe ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit.

Wenn man von Kärnten kommt, dann folgt man einfach der Drau

Der Kärntner Jakobsweg verwendet ebenfalls das Drautal als Roten Faden. Der Pilger, der den südlichen Weg wanderte, blieb einfach im Flusstal und marschierte entlang der Drau immer nach Westen. Heute erreicht er bei Nikolsdorf Osttirol, der erste größere Ort ist Lienz. Von da konnte der Pilger weiter im Pustertal nach Innichen, Bruneck und schließlich nördlich von Brixen ins Eisacktal wandern. Der Osttiroler Jakobsweg ist die Verbindung zum Südtiroler Pendent. Von dort aus stehen zwei Anschlussvarianten zur Verfügung: über den Brenner nach Innsbruck zurück nach Tirol oder nach Müstair zum Beginn des alpineren Graubündner Jakobsweges in der Schweiz.

Sillian im Pustertal

Lienz ist schon lange ein Knotenpunkt von Wegen

Die Stadt ist quasi die „Hauptstadt“ Osttirols, jedenfalls ist sie das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum dieser Region. Die Römer nannten den Ort Aguntum, im Mittelalter war Lienz der Hauptsitz der Görzer Grafen und als diese ausstarben, übernahm um 1500 Maximilian I. das Gebiet. Er vereinte es mit Tirol. Als zu Beginn des 20.Jahrhunderts die Pustertalbahn gebaut wurde, entwickelte sich der kleine Ort zu einer Stadt. Heute ist Lienz die siebengrößte Stadt Tirols.

Lienz in Osttirol

Der Weg führt durch das Pustertal

Der römische Kaiser Augustus drang um 15 nach „Noricum“ in das Pustertal vor, der keltische Stamm der Saevaten und einige rätische Siedler leisteten kaum Wiederstand. Die Römer bauten eine Straße durch das Tal. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches siedelten sich Bajuwaren an. Am Toblacher Feld, der höchstgelegenen Fläche des Pustertal wurde um 600 gekämpft. Die Bajuwaren gegen Herzog Tassilo I. und die Alpenslawen gegen die Bajuwaren. Das Toblacher Feld ist auch eine Wasserscheide, die Rienz fließt Richtung Adria, die Drau zur Donau und damit zum Schwarzen Meer.

Touristisch betrachtet ist das Pustertal eine beliebte Destiantion. Es erstreckt sich zwischen Brixen und Lienz, sein größter Teil liegt in Südtirol. Die Natur rundherum ist spektakulär, von den Dolomiten zum Großglockner, vom Pragser Wildsee zum Toblach See und vom Kronplatz zu den Drei Zinnen. Kein Wunder dass es bei Wanderern beliebt ist. Vermutlich waren auch die Jakobspilger von der grandiosen Natur beeindruckt.

Toblach (Foto: Pexels)

Der Pilger folgt dem Fluss – entlang der Rienz bis Kloster Neustift

Die Rienz entspringt am Fuß der Drei Zinnen auf einer Höhe von 2.180m, sie hat auf ihrem Weg das Rienzer-und das Höhlensteintal in den Boden gegraben. Am Toblacher Feld biegt sie in das Pustertal ein, durchfließt es und mündet etwa 80 Kilometer später, bei Brixen, in den Eisack.

Für den Jakobspilger ist das more or less die Etappe 5 in Osttirol. Dieser Streckenabschnitt zieht sich auf 113 Kilometer von Sillian bis zum Brenner. Am Mühlbacher Stausee, da wo der Weg eine Kurve macht um sich nach Norden, Richtung Brenner fortzusetzen, bei Brixen, da liegt das Kloster Neustift.

Der 1.370m hoch gelegene Brenner ist seit 1920 ein Grenzpass in den Ostalpen, er bildet die Grenze zwischen Tirol auf der einen und Bozen-Südtirol auf der anderen Seite. Er verbindet die Stubaier Alpen mit den Zillertaler Alpen. Der Weg über den Brenner ist eine alte Handelsroute, die mindestens seit der Bronzezeit bekannt ist. Damals wurde Bernstein gehandelt. Über die Namensgebung wird gestritten, die wahrscheinlichste Version ist die Ableitung von „Prenner“, das bezeichnete damals eine Person die Brandrohdung betrieb.

Die Drei Zinnen (Foto: Wikimedia)

Kloster Neustift

Das Stift der Augustiner-Chorherren in Neustift hat einen starken Österreichbezug. Die Gründung vom Kloster Neustift 1140 geht auf den damaligen Probst von Klosterneuburg (bei Wien) zurück. Er wurde vom Salzburger Erzbischof Konrad zum Bischof von Brixen bestimmt. Der Augustiner Hartmann wollte auch als Bischof von Brixen ein Kloster als Rückzugsort haben, das dürfte seine Motivation gewesen sein, Kloster Neustift zu gründen.

Kloster Neustift

Die Klosteranlage ist die größte Tirols, sie umfasst architektonisch alle Epochen der Kunstgeschichte von der Romanik bis zum Rokoko. Sogar eine kleine Engelsburg hat man in das Kloster integriert. Die Stiftskirche ist eine Basilica Minor, eine Marienkirche. Sie wurde um 1190 als romanischer Bau errichtet. Turm und Langhaus stammen noch aus dieser Zeit. Im 15.Jahrhunder hat man mit einem spätgotischen Chor erweitert. Joseph Delai aus Bozen hat im 18.Jahrhundert die Barockisierung durchgeführt. Die Fresken hat ein gewisser Matthäus aus Augsburg geschaffen, sie zeigen unter anderem die Gründungsgeschichte von Neustift: Hartmann von Brixen zeigt dem Burggrafen Reginbert von Säben und dessen Frau Christina den Klosterplan.

Kloster Neustift

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