Heute ist Welttourismustag 2020 – ein durchwachsener Tag

Seit 1980 gibt es diesen Tag, die UNWTO hat das Datum auf den 27.September festgesetzt, 1970 wurden an diesem Tag die Statuten der UNWTO ratifiziert. Dieser Tag soll die Bedeutung des Tourismus für die internationale Gemeinschaft unterstreichen. Reisen haben Auswirkungen – auf die soziale, kulturelle, politische und wirtschaftliche Situation eines Landes. Seit 1980 darf jedes Jahr ein anderes Land Gastgeber des Welttourismustages sein.

2020 ist der Welttourismustag ein eher durchwachsener Tag, denn der Tourismus steht still. Eine Pandemie hat das Reisen lahmgelegt. Viele Grenzen sind geschlossen, die reisenden Menschen warten auf bessere Zeiten, dieses Jahr ist wenig Grund zu feiern. Es ist eher ein nachdenklicher Tag.

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Jedes Jahr ein anderes Motto

Nicht nur das Gastgeberland wechselt jedes Jahr, es gibt auch ein neues Motto. Diese Wahlsprüche geben einen guten Überblick über die Entwicklung des Tourismus der letzten Jahre. Bis zur Ankunft von SARS-CoV-2 war die Branche verwöhnt, steigende Zahlen und damit gute Einnahmen wurden zur Gewohnheit. Seit März 2020 ist das anders. Die Mottos der letzten Jahre waren:

  • 2014 – „Tourismus und lokale Entwicklung“ (Gastgeber Mexiko)
  • 2015 – „1 Milliarde Touristen – 1 Milliarde Gelegenheiten“ (Gastgeber Burkina Faso)
  • 2016 – „Tourismus für alle“ (Gastgeber Bangkok)
  • 2017 – „Nachhaltiger Tourismus: Ein Werkzeug für Entwicklung“ (Gastgeber Doha)
  • 2018 – „Digitale Transformation (Gastgeber Budapest)
  • 2019 – „Tourismus und Arbeitsplätze (Neu Delhi)
  • 2020 – „Tourismus und ländliche Entwicklung“

Liest man sich die Wahlsprüche durch, kann man dem Tourismus nicht vorwerfen, dass er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätte. Trotzdem hat die Pandemie den Tourismus kalt erwischt. Global war niemand darauf vorbereitet, dass ein kleines Virus die gesamte Reisetätigkeit lahm legen könnte. SARS und MERS hatte der Tourismus gut überstanden, an SARS-CoV-2 droht er zu scheitern.

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Reisen hat global eine große Bedeutung

Die Corona-Pandemie zwingt den europäischen und internationalen Tourismus in die Knie. Die Welttourismusorganisation UNWTO sieht wegen der anhaltenden Corona-Krise über 100 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr. 3 Millionen Arbeitsplätze sind alleine in Deutschland betroffen. Laut WKO sind 600.000 Jobs in Österreich bedroht. Der Tourismus ist eine systemrelevante Branche. Nach zehn Rekordjahren in Folge treffen die Folgen der Corona-Krise den Tourismus schwer. Laut UNWTO beliefen sich die Umsätze im Jahre 2011 auf rund 1030 Milliarden US-Dollar. 2016 gab es 1,2 Milliarden internationale Reisen und bis 2030 prognostizierte man einen Anstieg auf 1,8 Milliarden. Für manche Länder ist der Tourismus sogar die Haupteinnahmequelle.

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In Österreich entwickelte sich der Tourismus in eine gute Richtung

Das große Problem des Tourismus war, aufgrund der steigenden Zahl der Reisenden, die Masse. Massentourismus tut keinem Land gut. Es ist eine schwierige Balance: auf der einen Seite steht das Recht auf Reisen für jeden Menschen, auf der anderen Seite steht das Recht auf eine lebbare Umwelt, ebenfalls für jeden Menschen.

Die Reisefreiheit gilt als Teil des Rechtes auf Freizügigkeit, das jedem Bürger eines Landes das Recht gibt, sein eigenes Land nach Belieben zu verlassen und wieder zurückkehren zu dürfen. Allgemeiner spricht man heute bei den international verbrieften Menschenrechten, sich frei zu bewegen oder niederzulassen, von Freizügigkeit.

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In Österreich hat man diese Balance gut hinbekommen. Nachhaltigkeit wurde immer mehr Thema und die touristischen Betriebe haben darauf reagiert. Wenn man nicht gerade Hallstadt oder Wien als Beispiel heranzieht, ist Österreich ein Reiseland das auf nachhaltigen Tourismus setzt, sowohl beim Incoming als auch beim Outgoing. Kleinere und mittlere Reiseveranstalter sind sehr engagiert was nachhaltigen Tourismus betrifft. Entwicklungsprojekte in den Zieldestinationen, kleine Gruppen, professionelle Führung, Kneissl Touristik zum Beispiel tut genau das. Der Österreicher honoriert das auch, die Zustimmung zu nachhaltigen Tourismus ist hoch. Eine Studie belegt das.

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Tourismus garantiert die Erhaltung von Kulturgütern

Eine nicht unwesentliche Funktion des Tourismus ist die Erhaltung von Schlössern, Burgen, Kirchen, Tempeln, Pyramiden, Nationalparks und dergleichen. Große Stätten wie Angkor etwa restaurieren sich nicht von selbst und erhalten sich nicht alleine. Selbst reiche Länder wie Österreich sind auf die Einnahmen des Tourismus angewiesen, wenn die Kulturgüter erhalten bleiben sollen. Irgendwer muss zum Beispiel die Erhaltung von Schönbrunn bezahlen, Kaiser und Leibeigenschaft ist Vergangenheit, Herr VISA und Frau Zentralbank werden dafür nicht die Brieftasche öffnen. 2017 vermeldet Schönbrunn einen Besuch von 3,8 Millionen Gäste, das bedeutete Rund 58 Millionen Euro Umsatz. Im selben Jahr wurden 12 Millionen Euro für Erhaltungsarbeiten projektiert. Wie sieht der Haushaltsplan 2020 aus?

Schönbrunn Pexels

Dann reisen wir halt ein Jahr nicht …

Klar, kann man machen, man kann durchaus ein Jahr lang Urlaub zu Hause verbringen. Als Konsument verliert man eben ein Jahr Reisen, durchaus verschmerzbar, immerhin kann man in einem Leben etwa 30 Jahre lang reisen, was ist da schon ein Jahr? Vor Ort sieht die Sache etwas anders aus, die wenigsten Hotels und viele Nationalparks oder Besichtigungsstätten haben nicht das Geld um locker ein Jahr durchzustehen. Die touristische Landschaft wird sich also in nur einem Jahr ziemlich verändern. Manche Veränderungen werden irreversibel sein. Zum Beispiel Ecuador liegt mit chinesischen Fischern im Streit, denn die Galapagos Inseln sind bedroht, ohne Tourismus kann das zu Ungunsten des Naturschutzgebietes ausgehen. Ob die Gorillas in Uganda so ganz ohne Tourismus überleben ist fraglich und den Löwen im Krüger Nationalpark könnte es auch an den Pelz gehen. Tourismus ist etwas mehr als ein bunter Reisekatalog, es ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, der die Macht hat, vor Ort Sehenswürdigkeiten, auch lebende Attraktionen, zu schützen.

Galapagos / Pexels

Ein Virus darf die Grenzen nicht zu lange schließen

Wenn der Tourismus überleben will, dann braucht er Reisefreiheit. Dass eine Pandemie diese einschränkt, liegt in der Natur der Sache aber wie lange und wie sehr, das liegt am Verhalten der Menschen. Wer Tourismus als „Party“ begreift, hat die Natur des Reisens nicht verstanden. Die ersten Touristen waren die Pilger, für sie war die Reise immer auch Weg zu sich selbst. Das ist die eigentliche Natur des Reisens. Den eigenen Horizont erweitern um aus dieser Weite auf das eigene Selbst zurückblicken zu können. Der Perspektivenwechsel, der durch eine Begegnung mit „dem Fremden“ entsteht, ist die Qualität einer nachhaltigen Reise. Die Freiheit das tun zu können ist wertvoll.

Manchmal liegt der Weg zur Freiheit in der Selbstbeschränkung. Das könnte im Zusammenhang mit der Pandemie der Fall sein. Nur wenn der Mensch die Vernunft zu Rate zieht und sich selbst beschränkt, indem er dem Virus wenig Verbreitungsmöglichkeit gibt, nur dann wird er diese Freiheit weiterhin genießen können. Bei Reisen wird das „WIE“ in Zukunft eine große Rolle spielen. Wenn es gut geht, ist nur der Massentourismus der Verlierer dieser Zeit, der nachhaltige Tourismus kann dann weitermachen und zu einer globalen Verbesserung beitragen. Die Modul Universität hat dazu eine kluge Pressemeldung verfasst.

2020 ist ein Jahr der Verluste für den Tourismus

2019 wurden rund um den Globus 1,5 Milliarden internationaler Touristenankünfte gezählt, für 2020 erwartet die UNWTO nur noch 400 bis 650 Millionen weltweit. Anfang des Jahres ging der weltgrößte Kreuzfahrtverband „Cruise Lines International Association“ für 2020 noch von rekordverdächtigen 32 Millionen Kreuzfahrttouristen aus. Jetzt liegen die meisten Kreuzfahrtschiffe weltweit still, nur wenige Reedereien haben den Betrieb versuchsweise wieder aufgenommen, mit mäßigen Erfolgen. 83% der Fluggäste sind besorgt sich beim Fliegen anzustecken, das ergab eine globale Befragung der International Air Transport Association (IATA) von Fluggästen aus elf Ländern. Die Menschen haben Angst zu reisen.

Die Vertrauensfrage wird wichtig werden

Die Tourismusbranche muss das Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden wieder herstellen. Der ReiseSchnäppchenLaden hat vermutlich keine große Zukunft mehr. Die Auswahl der Reiseziele und der dazu nötige Transportuntersatz wird auf Sicherheitsdenken beruhen. Verübeln kann man dem Kunde die Verunsicherung nicht. Menschen, eingesperrt in Hotels oder auf Kreuzfahrtschiffen und gestrandete Gäste sind nicht zuträglich für das Vertrauen in eine Branche. Daher wird zunächst der regionale Tourismus attraktiv werden. Destinationen von denen man „schnell wieder nach Hause kommt“. Kurze Wege, Naherholung und ein vertrauter Kulturkreis vermitteln ein Gefühl der Sicherheit. Überregionale Destinationen werden dann punkten, wenn sie sichere Standards garantieren können, dazu gehört auch der sichere Transport und eine Betreuung während der Reise.

Corona kann zur Chance für Veranstalter mit nachhaltigen Tourismuskonzepten werden – wenn sie es schaffen zu überleben – wenn es sie 2021 noch gibt.

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