Wer Kampanien besucht muss auch auf der Amalfitanta gefahren sein, das denken sich viele Menschen, entsprechend ist der Verkehr auf der schmalen Küstenstraße, die Meta mit Vietri Sul Mare verbindet. Offiziell heißt sie „Strada Statale 163 Amalfitana“, kurz SS163. Instand hält sie die ANAS mit Sitz in Rom. Die Bauarbeiten begannen zur Zeit des bourbonischen Königs Ferdinand V. 1832 und endeten am 26. April 1850. Der Bau ist eine faszinierende Leistung, denn die Amalfitana klebt an einer Steilküste, mit Ausblick auf den Golf von Salerno. Die Städte und Dörfer waren bis zum Bau der Küstenstraße vom Überlandverkehr abgeschnitten. Nur schmale Wege, zugänglich für Fußgänger, Esel und Maultiere, führten nach Positano, Amalfi und Vietri sul Mare. Das wichtigste Verkehrsmittel für die Bewohner dieser Küste war daher, vor Fertigstellung der SS163, das Schiff. Heute werden die alten Maultierpfade als Wanderwege genützt, denn man kann sich die Amalfitana auch ergehen.

Von Meta bis Vietri sul Mare – 50 Kilometer Faszination

Offiziell beginnt die SS163 in Meta und endet in Vietri sul Mare, das liegt um die Ecke von Salerno. Sie führt ab Meta über den Buckel der Sorrentiner Halbinsel, erreicht den kleinen Ort Due Golfi und verläuft anschließend immer am Meer entlang über Positano, Praiano und Amalfi nach Vietri sul Mare. Dort geht die Amalfitana in die Staatsstraße 18 über, die in südöstlicher Richtung weiter nach Salerno verläuft. Meta di Sorrento, umgangssprachlich auch Meta genannt, ist eine Stadt mit etwa 8.000 Einwohnern. Hier wohnt Francesco Schettino, der Kapitän, der das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ auf Grund setzte. Von Meta geht es steil bergauf bis man den kleinen Ort „Due Golfi“ erreicht und wie der Name schon sagt, sieht man an klaren Tagen den Golf von Neapel, den Golf von Salerno und auf die Monte Lattari. Ab hier beginnt das kurvenreiche Abenteuer.

Die Inseln der Sirenen

Rainer Maria Rilke hat den „Li Galli“, so heißen sie im Volksmund, ein Gedicht gewidmet. Die Li Galli oder Sirenusen sind eine Inselgruppe im Tyrrhenischen Meer vor der Amalfiküste und gehören verwaltungstechnisch zu Positano. Der „lange Hahn“ (Gallo Lungo), die Runde (La Rotonda) und die Insel der Briganten nördlich der Runden (Dei Briganti a nord della Rotonda) bilden heute das Naturschutzgebiet Punta Campanella. Nur Gallo Lungo ist seit antiker Zeit besiedelt, 1924 kaufte der russische Tänzer Léonide Massine die Insel und baute eine Villa, die dreizehn Jahre später von Le Corbusier ihr heutiges Aussehen bekam. 1989 übernahm Rudolf Nurejew das Anwesen und seit 1993 gehört Insel und Villa einem italienischen Touristikunternehmer und kann gemietet werden. Der griechische Geograph Strabon verband vor 2000 Jahren die kleine Inselgruppe mit den Sirenen der griechischen Mythologie und gab ihnen den Namen „Sirenusen“.

Die Sirenen und Odysseus

Die Eltern der Sirenen sollen der Flussgott Acheloos und eine Muse gewesen sein, vielleicht aber waren es auch Acheloos und die Erdgöttin Gaia, Homer geht in seiner Odyssee nicht weiter darauf ein. Er erzählt nur, dass Odysseus an den Sirenusen vorbeisegeln konnten, ohne den Gesang der Sirenen zu erliegen. Dabei war Odysseus nicht der Einzige, der den Sirenen widerstand. Orpheus übertönte den Gesang mit seiner Leier und der listige Odysseus verstopfte seiner Mannschaft bekanntlich mit Wachs die Ohren. Er selbst lauschte, an den Mast des Schiffes gebunden, den Klängen der Sirenen. Laut Homer, der die älteste literarische Überlieferung der Sirenensage liefert, lockten die beiden auf einer Insel wohnenden Sirenen Seefahrer nicht nur durch ihren Gesang an, sondern vor allem durch ihre Fähigkeit, alles auf Erden Geschehende zu wissen und offenbaren zu können. Waren die Seeleute zu neugierig und folgten ihnen auf die Insel, waren sie verloren und starben.

Positano – die Perle der Amalfiküste

Positano klebt wie ein Schwalbennest an der Felsküste, daher gibt es in den bunten Ex-Fischerdorf sehr viele Stufen, denn die ganze Stadt wurde fast senkrecht erbaut. Ein Spaziergang in dieser kleinen mittelalterlichen Stadt hält fit und wer superfit werden möchte, der kann den „Weg der Götter“ gehen, das ist der bekannteste Wanderweg der Amalfiküste. Er verbindet zwei Dörfer: Bomerano und Nocelle. Von Positiano gibt es einen Fußweg nach Nocelle. Wer es lieber gemütlich hat, bummelt auf der Via Cristoforo Colombo, das ist die Hauptachse durch das Zentrum mit toller Aussicht. John Steinbeck besuchte 1953 Positano und verfasste anschließend für „Harper’s Bazaar“ eine derartige Lobrede über den Ort, dass Positano schlagartig weltberühmt und zum Sehnsuchtsort für Künstler, Literaten und Hollywoodstars wurde.

Positano bites deep. It is a dream place that isn’t quite real when you are there and becomes beckoningly real after you have gone

John Steinbeck in good ol‘ days 1953

Hotels sind in Positano teuer aber sie haben eine gute Aussicht und manche sind selbst eine Sehenswürdigkeit. Der Pallazzo Murat zum Beispiel ist heute ein Luxushotel, früher gehörte er Gioacchino Murat, dem König Neapels. Gioacchino, respektive Joachim Murat, war ein französischer Kavallerieoffizier, der im Dienst Napoleons Karriere machte. Er heiratete Caroline Bonaparte und war damit Schwager Napoleons. Der Botanische Garten des Hotels steht allen Besuchern frei. Die Kirche Santa Maria Assunta ist das Wahrzeichen Positanos, sie wurde im 13. Jahrhundert im romanischen Stil, mit Majolikakuppel erbaut. In der Kirche wird eine Schwarze Madonna byzantinischer Herkunft, die Schutzpatronin Positanos, verehrt.

Praiano und Conca dei Marini

Die Amalfiküste ist ein teures Pflaster und wer sich Positano oder Amalfi nicht leisten will, der findet in Praiano oder Vettica Maggiore eine etwas günstigere Unterkunft. Die Gemeinde lebet vom Tourismus, es gibt etwa 15 Hotels mit Zugang zum Meer, einen Strand wie Positano hat der Ort aber nicht. Sehenswert ist die Kirche San Luca Evangelista und die Krippe am Ortsrand, es ist die größte der Amalfitana. Nach Conca dei Marini dagegen kommt man wegen der Keramik und wegen der Smaragdgrotte. Diese wurde von einem Fischer namens Luigi Buoncore im Jahr 1932 entdeckt. Die Grotta dello Smeraldo ist eine von mehreren Höhlen weltweit, die von einem strahlend blauen oder smaragdgrünen Licht durchflutet wird. Von der Straße gelangt man per Aufzug zur Bootsanlegestelle und mittels Boot in die Smaragdgrotte.

Amalfi – die erste Seerepublik Italiens

Amalfi hat aus der Not eine Tugend gemacht, denn die Stadt liegt an einer Steilküste, daher ist fruchtbares Ackerland Mangelware. Die Amalfitaner orientierten sich also auf das Meer und auf den Seehandel. Ursprünglich von Ravenna abhängig, gelang es Amalfi im 9.Jahrhundert im Machtgemenge zwischen Byzantinern, Langobarden, Kaiser und Papst eine Eigenstaatlichkeit auszuverhandeln. Außerdem waren die Schiffe der Amalfitaner in der Seeschlacht von Ostia siegreich, damit wurde die Stadt zur ersten Seerepublik Italiens, noch vor Genua, Venedig, Pisa, Ancona, Gaeta, Noli und Ragusa. Im 10.Jahrhundert war die Seerepublik bereits Drehscheibe im Handel zwischen Orient und Okzident. Damals hatte Amalfi 50.000 Einwohner, heute sind es allerdings nur noch 5.000. Ein Tsunami beendete am 25.November 1343 die Blütezeit, Petrarca beschreibt in seinen „Epistolae familiares“ wie die Stadt im Meer versinkt. Ein dänischer Landschaftsmaler namens Car Frederic Aagaard verewigt das was von Amalfi übrig bliebt 1875 in Öl und macht den Ort wieder bekannt.

Der Dom von Amalfi und die Gebeine des Heiligen Andreas

Der Dom ist das Herz Amalfis, zu seinen Füßen liegt der Hauptplatz mit seinen Cafés. In der Krypta des normannischen Baus werden der Kopf und die Gebeine des ersten Apostel Christi aufbewahrt. Der Heilige Andreas oder besser, was von ihm übrig geblieben ist, hat hier seine letzte Ruhestätte gefunden. Der Apostel, der Griechenland bekehrte und bis nach Russland reiste, wurde in Patras gekreuzigt. Er landete dann in Konstantinopel und wurde 1208 in Amalfi zur endgültigen Ruhe gebettet. Kunsthistorisch interessant ist der Paradieskreuzgang, der seit dem 13.Jahrhundert als Friedhof für die Edelleute Amalfis fungiert. Sehenswert ist übrigens auch der romanische Teil der Kirche mit dem Museum.

Die Natur im Hinterland der Amalfitana und die Monte Lattari

Die Tierwelt ist über Wasser durch Wildschweine, Füchse, Dachse und Hasen repräsentiert. Im Meer schwimmen Meerbrassen, Makrelen, Sardinen, Sardellen und Barsche, die man dann in den Restaurants am Teller serviert bekommt. Die Pflanzenwelt ist mediterran, daher wächst Wacholder, Ginster und Rosmarin in großen Mengen aber auch Alpenveilchen, Orchideen und Lilien sind an der Amalfitana beheimatet. Highlights sind die extrem seltene Farnart Woodwardia radicans und eine putzige fleischfressende Orchidee namens Pinguicola Hirtiflora. Die Wälder bestehen aus Steineichen, Buchen und Erlen. Sämtliche „Gestrüppe“ findet man im „Eisenhüttental“, das Valle delle Ferriere ist ein 445 Hektar großer Naturpark in den Monte Lattari. Diese sind eine Berggruppe im Hinterland der Amalfitana mit einer Höhe von bis zu 1444 Metern. Hier befinden sich, im landwirtschaftlich genutzten Teil, ausgedehnte Edelkastanienplantagen. Die „Maroni“, wie man in Österreich dazu sagt, waren zu römischer Zeit das „Brot der Legionäre“.

Ravello und Wagner und Sissi

Ravello ist bekannt aufgrund des jährlichen Opernfestivals zu Ehren von Richard Wagner, der hier „Klingsors Zaubergarten“ gefunden haben will. Die Stadt ist aber mehr als Musik und Wagner, sie hat eine Menge alter Mauern, von denen der romanische Dom und die Villa Rufolo am interessantesten sind. Die Normannen gaben dem Ort im 10.Jahrhundert die Unabhängigkeit und Papst Viktor III. machte ihn 1086 zum Bischofsitz. Die Familie Rufolo kam im 12.Jahrhundert nach Ravelo und errichtete die gleichnamige Villa auf einem Felsvorsprung. 1851 kaufte der Schotte Francis Neville Reid die Ruine und 30 Jahre später fand Richard Wagner hier die Inspiration für das Bühnenbild des 2.Aktes seiner Opfer Parsifal. Die zweite große Villa Ravellos ist die „Cimbrone“, heute ein Hotel. Hier wurde in den 1950er Jahren mit Romy Schneider „Sissi-Schicksalsjahre einer Kaiserin“ gedreht.

Das Opernfestival in Ravello

1880 machte Richard Wagner im Rahmen seiner Italienreise eine 3tägige Station in Ravello. Damals musste man noch auf dem Rücken eines Esels hochreiten. Im Garten der Villa Rufulo, wo man von der Terrasse aus einen sagenhaften Blick auf die Amalfiküste bis hinein ins Cilento genießen kann, hatte Wagner seine Inspiration für das Bühnenbild des Parsifal, an dem er zu dieser Zeit arbeitete und den er 1882 in Palermo vollendete. Sein Zitat „Ich habe den Zaubergarten von Klingsor gefunden“ ging in die Musikgeschichte ein und macht Ravello bis heute zu einem Anziehungspunkt für Musikfreunde aus der ganzen Welt.

Ich habe den Zaubergarten von Klingsor gefunden

Richard Wagner 1880 Ravello

Wagner war der Anstoß um 1953 erstmals das Ravello Musik Festival abzuhalten und damit ist es eines der ältesten Open Air Festivals Europas. Der Zauber der Veranstaltung liegt in der Naturbühne, daher ist das Highlight des jährlichen Events das Konzert bei Sonnenaufgang. Denn wenn der Tag erwacht, begleitet schönste klassische Musik den Sonnenaufgang auf der Terrasse der Villa Rufolo, in Klingsors Zaubergarten, den Wagner hier 1880 entdeckte.

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